Jigköpfe

Das Wetter schien perfekt mit konstanten plus minus ein maximal drei Hektopascal seit mehr als zwei Tagen.
Der Monat Oktober, welcher es mir seit jeher angetan hat, versprach ebenso aktive und lange Fressphasen bei sämtlichen Fischarten. Ein sehr zugezogener Himmel verstärkte zudem den Verdacht auf beißfreudige Zander, eventuell vereinzelte Kanalhechte als auch agile niederländische Spundwandbarsche.

Am heutigen Tag wollte ich etwas Neues ausprobieren. Bereits am Vortag hatte ich etwa 25 Blei- als auch Tungsten-Jigköpfe mit aussortierten Nagellacken meiner Schwester bearbeitet. Mittels doppelter Lackierung sollte die Farbe möglichst lange trotz regelmäßigen Grundkontakts beim Jiggen und Faulenz halten.
Unter anderem weil die Farbe Rot, sofern sie keine UV-aktiven Elemente besitzt, ab einer gewissen Gewässertiefe nicht mehr gut wahrnehmbar ist, habe ich mich überwiegend für einen dunkelroten Lack entschieden.
Des Weiteren sind Rottöne dem Farbspektrum der heimischen Unterwasserwelt angehörig. Wenn man sich nur einmal die Flossen kleiner Beutefische wie dem Rotauge, der Rotfeder oder Jungbarschen vor Augen hält, wird schnell klar, dass Rot für den ersten Versuch nicht unbedingt die schlechteste Farbwahl ist, um das Beißverhalten der Räuber positiv zu beeinflussen.
Hauptintention war es einen Kontrast zu den sonst stetig verwendeten silbrigen Jigköpfen herzustellen. Der größte Teil der jiggenden und faulenzenden Raubfischspezis klinkt nämlich standardgemäß unlackierte Bleiköpfe in den Snap ihres Raubfischvorfachs.

Gerade in den Niederlanden, wo das Zurücksetzen von Fischen gang und gäbe ist, kann eine Scheuchwirkung, die von silbrigen Jigs ausgeht, gerade im klaren Flachwasser vermutet werden. Kapitale Barsche, die mehr als 20 Jahre auf dem Buckel haben, wurden mit zunehmender Wahrscheinlichkeit bereits von einem Angler überlistet. Zu Zeiten des „Gummifischangelbooms“ wäre ein stinknormaler Jighaken plus Gummifisch nicht gerade unüblich als erster Erfolgsköder auf den ein alter Barsch bereits reingefallen ist.
Es gibt Studien, die besagen, dass sich Fische für einen gewissen Zeitraum an Situationen erinnern können und ihr Verhalten anpassen.
Auch berichteten mir Freunde, dass niederländische Großbarsche den Köder lange verfolgten, doch nicht final zulangten.

Lag´s an der Führungsmethode? Lag´s am Stahlvorfach? Lag´s am Köder? Oder war´s einfach nur Pech?

Diese und viele weitere Fragen schwirren einem Angler bei „kapitalen Nachläufern“ plagend durch den Kopf.

Vergleichend hierzu behaupten Angler, dass Metallkugeln in Wobblern bei bereits mit Rasselwobblern gefangenen Raubfischen eine verschreckende Wirkung erzielen.
Warum soll das tägliche Bild der munter durch die Wassersäule sausender und strahlend glänzender Jigköpfe, welches die Fische an einem von Angeldruck ausgesetzten Gewässer nahezu pausenlos erleben, in jeder Situation den Nagel auf den Kopf treffen und den Fisch ans Band bringen?

Die mit dem Nagellack meiner Schwester rot lackierten Jigköpfe scheinen den Predatoren jedenfalls zu gefallen, zumindest nicht zu stören.
So konnte ich am ersten Testtag direkt zwei Fisch von über 40 cm Fangen. Barsche dieser Größe sind im Schnitt älter als 15 Jahre und haben eventuell schon den einen oder anderen Gummifisch mit „Silberkopf“ gemieden.
Nicht nur das. Auch konnte ich mit zehn Barschen, einem Hecht und zwei Zandern deutlich mehr fangen als mein mitfischender Begleiter und Angelkumpane Nico, der mit zwei wundervollen Barschen in Bezug auf die Frequenz das Nachsehen hatte.

Sowohl dunkelrote, rosane, gelbe als auch pink-glitter Jigköpfe kamen bisher erfolgreich zum Einsatz.
Solange der Nagellack noch nicht getrocknet ist, kann man ihn in Glitterpartikeln wälzen. Sogar diese halten auch nach vielen Würfen am Jigkopf.

TIPP:
Die ersten Testphasen zeigten, dass insbesondere Gel-Nagellacke besonders gut geeignet und von Langlebigkeit sind.

Der farblichen Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Deckende Farben oder „Farbglitter-Jigs“ werden eure Bleiköpfe von der Masse abheben. Die Bastler unter euch werden sicherlich Spaß daran haben verschiedene Lacke beim Angeln auf Hecht, Barsch und Zander zu testen.
Probiert es doch auch einmal aus und klaut heimlich den Nagellack eurer Frau, Schwester, Mutter oder fragt eine gute Freundin, ob sie euch Nagellack aus dem Drogeriemarkt besorgen kann.

Der Umwelt zu liebe werde ich demnächst Bio-Nagellacke, die durch Mineralpuder ihre Farbe erhalten, testen. Vermutlich wird diese naturschonendere Variante mindestens genauso gut funktionieren.

Petri Heil
Euer Kas